Pünktlich um 09:30 waren Soa und ich, beide mit Bauchweh und weichen Knien, in der Praxis. Die Beruhigungsspritze tat bei dem dürren Hühnchen sofort ihre Wirkung und sie sank friedlich schlummernd in meinen Arm. Das Warten war, wie immer bei bei solch gruseligen Sachen um unsere Pelzgesichter, grauenhaft. Umso schöner war dann, als das Hühnchen wieder sachte wedelnd aber hundemüde auf mich zu tapste und unsere Tierärztin uns mitsamt wohlbehaltenem Hund auch ein hervorragendes Ergebnis mitbrachte: Hüften und Ellenbogen sind einwandfrei, einem sportlichen Einsatz steht somit nichts im Wege und der Tag schien gerettet.
Von Safaris Hüften wurden übrigens, zurück in Holland, von Spezialisten des dortigen Verbandes noch einmal neue Röntgenaufnahmen bewertet. Auch Safari hat eine A-Hüfte und sucht nun ein sportliches Zuhause! Die Aufnahme aus Ungarn war völlig unbrauchbar, da der Hund schief lag und offenbar, wie so oft in Ungarn üblich, einfach ohne Narkose geröntgt wurde.
Während ich auf Soa und ihre Diagnose wartete, traf ich in der Praxis noch eine liebe Bekannte, die sich nach Skys Befinden erkundigte. Aus vollster Überzeugung sagte ich ihr, dass unser Würstchen nicht älter sondern immer jünger würde und sie ganz sicher noch ohne Probleme mindestens die 20er-Marke knacken würde. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht im Entferntesten, welchen Dämpfer meine morgendliche Euphorie noch erhalten sollte.
Abends um 21:30 Uhr, die Meute hatte gefuttert und sich zur Ruhe verkrümelt, wurde ich aus der Küche ins Büro gerufen. Unser Zwergi lag steif ausgestreckt am Boden, die Augen weit aufgerissen. Sie schlug mit allen Vieren krampfend um sich, bevor sie schließlich zähen, weißen Schaum erbrach und etwas Urin verlor. Während dieses Anfalls versuchten wir Beide, ihr einfach nur Ruhe zu vermitteln und zu verhindern, dass ihr Köpfchen auf den Boden schlug. Unsere Stimmung bei diesem schrecklichen Anblick brauche ich, glaube ich, niemandem zu beschreiben. Es war unfassbar - Sky feierte am 25. März ihren 12. Geburtstag und war, von lächerlichen Kleinigkeiten abgesehen, noch nie krank und nun so was.
Ich rief noch während des Anfalls bei unserer Tierarztpraxis an. Um sicher zu gehen, dass kein "Schlaganfall" im Spiel war, sollte ich direkt kommen. Sky war in der Praxis zwar noch ein wenig bekommen, aber ansonsten völlig ohne Auffälligkeiten. Sicherheitshalber gab uns die Tierärztin noch ein Valium-Zäpfchen mit und wir hofften, dass es bei diesem einen Zwischenfall blieb. Die Hoffnung zerschlug sich binnen 2 Stunden, nach denen der nächste Anfall folgte. Insgesamt hatte sie 8 (!!!) Anfälle in Abständen von 1 1/2 bis 3 Stunden. Es ist schwer zu beurteilen, ob ihr die letzten 4 Anfälle Schmerzen bereiteten oder ob das arme Zwerglein von diesen schrecklichen Attacken schlichtweg in Panik versetzt wurde. Jedenfalls schrie sie danach jedes Mal für etwa 2 Minuten, die mir schier endlos erschienen, wie am Spieß und versuchte davon zu rennen. Zweimal raste sie dabei mit voller Wucht gegen die Wand. Die Blutspuren, die sie dabei hinterließ, machten die Heftigkeit dieser Anfälle noch einmal mehr als deutlich.
Wir waren völlig ratlos und auch unsere Tierärztin konnte uns wenig Hoffnung machen. Sollten die Anfälle unvermindert so weiter gehen, hätte sie kaum mehr eine Chance. Die Blutuntersuchung ergab Werte, von denen mancher junge Hund nur träumen könnte. Auch die Laborwerte von Borreliose und FSME brachten kein Ergebnis. Ein MRT wäre eine Möglichkeit gewesen, einen Hirntumor zu diagnostizieren. Geändert hätte diese Erkenntnis allerdings nichts und eine Narkose wäre mit Sicherheit mit hohem Risiko verbunden und so verzichteten wir darauf. Sky bekam Phenoleptil gespritzt. Mittlerweile war sie derart verängstigt, dass sie, wie auch schon zuvor bei der Blutentnahme, markerschütternd schrie, zappelte und sogar in ihrer Not versuchte zu beißen. Dabei hatte sie 12 Jahre lang noch nie etwas anderes gebissen als ihr Essen. Außerdem bekam sie noch die Phenoleptil als Tabletten in einer Dosierung, bei der wir schon vorgewarnt wurden, dass es sie wahrscheinlich vollends umhauen würde. Es half alles nichts. Die Anfälle gingen unvermindert weiter.
Sky war völlig am Ende und war nicht mehr sie selbst. Sie wirkte auf uns wie eine demente Oma. Offenbar hatte sie alles vergessen. Ingo, Soa und Rio waren ihr völlig fremd. Immer wieder stolperte sie ausgerechnet auf die liegende Rio los und wollte sie ständig als allerneueste Entdeckung begrüßen um dann geschwächt und wackelig auf ihrem Kopf zu landen. Rio konnte mit dieser Situation sehr schlecht umgehen und zog dauernd warnend und knurrend die Lefzen hoch. Sky war zwischen den Anfällen permanent in Bewegung. Sie torkelte pausenlos mehrere Kilometer quengelnd und meckernd durch den Garten, versuchte Steinmauren zu erklettern und lief gegen Zäune. Auch schien sie mich überhaupt nicht mehr zu erkennen und wollte nur jammernd weg, nach Hause, aber wo war das bloß?
Was um alles in der Welt konnte nur so plötzlich diese Anfälle auslösen und wie konnte man dem armen, kleinen Zwerg nur helfen? Die einzige Veränderung, die mir einfiel, war die Tollwutimpfung 2 Wochen zuvor. Also griff ich in der Homöopathiekiste zu Silicea D12 und gab ihr, nach einem heftigen Anfall um 15:30 Uhr, alle 1/4-Stunde 5 Globuli. Ich machte mir wenig Hoffnung, hatte aber auch keine bessere Idee und wollte einfach nur irgendetwas für sie tun. Und... was auch immer seine Wirkung tat, ES HALF... endlich!!! Dieser Anfall war der letzte und das soll auch bitteschön so bleiben!
Das Medikament haben wir auf die Minimaldosierung heruntergefahren. Mir fehlt einfach der Mut, es ganz abzusetzen. Sky geht es damit gut und das Risiko, dass sie ohne Medizin doch wieder solche Attacken erleidet, möchte ich unter gar keinen Umständen eingehen.
Nach anfänglichen Gedächtnislücken, die sie auch durchaus zu ihrem Vorteil zu nutzen wusste... "oh, da steht ja Katzenfutter... mmmmh... lecker", ist sie nun wieder ganz die Alte. Einzig größere Spaziergänge bei allzu viel Sonne mag sie sich seitdem nicht mehr zumuten und das ist schließlich auch sehr vernünftig und nicht zuletzt auch ganz in Ingos Sinne. Der Schattenparker war als Herzpatient noch nie ein Freund von Wärme. So drehen wir also unsere Runden, wie sowieso meist, in den kühleren Stunden und sind guter Dinge, dass unser Würstchen uns noch lange so fit und fröhlich wie eh und je erhalten bleibt.
Und weil sie wieder Spaß am Arbeiten hat und sich auch wieder an alte Tricks erinnert, war sie begeistert mit dabei, meine schrägen Einfälle in die Tat umzusetzen. Ich würde es bei keinem anderen Hund je wagen, ihn eine echte Spritze halten zu lassen. Einer wie Ingo würde wahrscheinlich sich und andere dabei umbringen und die Belgiermädels würden mir höchstens kurz die Mittelkralle zeigen. Danke Sky, Du bist die Größte!
Der Nächste, bitte! |
Emergency Room war gestern. Drum schalten Sie auch morgen wieder ein, zu der neuen Folge von... |
... "Der Doktor und das liebe Vieh" |
1 Kommentar:
Ach Du liebe Zeit!!!
Würsti, mach kein Scheiß!!
Au weia was ein Alptraum!!!
Wir drücken alle Daumen und Pfoten hier, dass es zu keinem weiteren Anfall mehr kommt!!
PS.: Glückwunsch zu dem guten Hüftenergebnis
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