Mittwoch, 15. September 2010

Surfin` Soa

Gestern war so ein Tag, an dem ich am besten im Bett geblieben wäre... wenn nur die Pläne der Terroristenbande nicht gänzlich anders ausgesehen hätten.


Es fing an mit unserer ersten, kurzen Gassirunde. Wir liefen quer durch den riesigen Stoppelacker, der direkt hinterm Haus beginnt... die Füchse wie immer frei laufend, da sie ja bei Wild mittlerweile vorbildlich abrufbar sind und das Feld über mehrere hundert Meter freie Sicht gewährt. Soa flippt beim rausgehen immer völlig aus, dreht immer wieder Runden um dann wieder kläffend frontal auf ihre Kollegen zuzuschießen und sie zur Eile anzutreiben. Zwischendurch verleiht sie ihrem Vorhaben Nachdruck, indem sie entweder in Ingos Leine beißt und daran zerrt oder in die Leinen, die über meiner Schulter hängen... hin und wieder beißt sie aber auch daneben... *autsch*. Bei allen Beteiligten, außer Soa, stößt dieses Verhalten auf extrem wenig Begeisterung. Um diese Frechheiten halbwegs in Bahnen zu lenken, steckte ich ihr gestern einfach ein Spieltau in die vorlaute Klappe, was auch prima funktionierte. ... bis zu dem Zeitpunkt als das schlimme Kind, plötzlich und ohne erkennbare Vorwarnung, gut gelaunt und fröhlich, mitsamt Spieli von dannen schoss. Es war weit und breit nichts, aber auch überhaupt nichts zu sehen. Dann tauchte, in einer Entfernung von mindestens 300m, an einer Weggabelung ein Joggerpaar auf. Sie verhielten sich sehr cool. Beide sind uns Gott sein Dank als Hundeliebhaber bekannt und blieben auch völlig unbehelligt. Die Göre lief nur bis etwa 5 Meter an sie ran, scannte sie von oben bis unten ab, befand sie für ziemlich uninteressant und machte sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder vom Acker, hin zur anderen Seite wo wir inzwischen unsere Spielwiese erreicht hatten. Wieder mal so ein überflüssiger Zwischenfall, der rein darauf zurückzuführen ist, dass ich das kleine Ungeheuer (mal wieder... *grummel*) falsch eingeschätzt habe. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass sie SO WEIT davon stürmt, nur weil sie irgendwo irgendwas hört. Sie ist dabei nicht etwa aggressiv, nein, sie ist - halt eben ganz Mädchen - dabei von reiner Neugier getrieben. Da solche unkontrollierten Ausflüge aber gefährlich sind und auf BEIDEN Seiten zu Missverständnissen führen können, geht sowas natürlich überhaupt gar nicht. Nur blöd, wenn man in Sachen Erziehung immer wieder an so krassen Fehleinschätzungen scheitert. Komischerweise ist ein Rückruf bei Auftauchen von Spaziergängern in einer Entfernung von 10 bis 20 m gar kein Problem, auch nicht wenn ein Hund dabei ist. Sogar von flüchtendem Wild ist sie abrufbar. Das mag wohl daran liegen, dass sie auf kurze Distanz ihr Gegenüber erkennt und einschätzen kann, was ihre Neugier einfach befriedigt und gut ist. Alles was weiter weg ist, bedarf nach ihrer Auffassung einfach einer eingehenderen Inspektion. Dieses Verhalten scheint aber in der Familie zu liegen. Rio fühlte sich bis vor knapp einem Jahr auch noch zum Fernaufklärer berufen, legte das aber ganz ohne mein Zutun völlig ab. Da ich das aber nicht dem Zufall überlassen will und vor allem auch keine Spaziergänger auf dem Gewissen haben möchte, die vielleicht vor Schreck tot umfallen, ist es nun mein Job, ihr zu erklären, dass diese Art Vorsorgeuntersuchung nicht notwendig ist... *grübel*... Da werde ich mir wohl noch ein gutes Argument einfallen lassen müssen, damit mich nicht zukünftig zwei Psychos an der Leine durch die Landschaft zerren.

Ach ja... und das Spieltau blieb natürlich während ihrer Inspektionstour irgendwo auf der Strecke. Es wurde aber wieder gefunden, Ingo sei Dank! So ist der Master of Disaster doch wenigstens als Spielzeugrettungshund zu gebrauchen.


Mittags war wieder etwas Garten-Agility angesagt. Die Wippe wurde entsichert und wir starteten unsere Übung. Soa hatte mittlerweile sichtlich Spaß daran und lief ohne zu zögern je 2-mal von beiden Seiten über das vorher so unheimliche Gerät. Alles völlig easy und deshalb wurde dann auch die Konstruktion um weitere 5 cm erhöht und der nächste Durchgang startete. Als Soa den Scheitelpunkt überquerte, hörte ich plötzlich nur noch ein Scheppern und Rattern und sah meinen Hund auf einem völlig losgelösten Brett stehend an mir vorbei surfen. Die beiden Nägel waren aus dem untergelegten Holzklotz gerissen und so folgte das Brett samt Hund einfach der Schwerkraft. Meine Knie wurden weich, mein Magen sackte mindestens bis in die Kniekehlen ab und mein Herz kam mit Sicherheit kurzzeitig zum Stillstand. Üble Gedanken schossen mir durch's blutleere Hirn, Wut über mich selbst... das war's... mein Hund hat sich zu Tode erschreckt... ich hab's endgültig versaut... nie wieder Agility. Nachdem eine gefühlte Ewigkeit später endlich die ganze Konstellation nach einer Rutschpartie von etwa 1,5 Metern krachend zum halten kam, lief Soa fröhlich weiter zu ihrer Kontaktzone, setzte sich wie nach Lehrbuch hin und schaute sich fragend nach mir um. "Na? Wo bleibt jetzt mein Leckerli???" Bis dahin stand ich noch immer völlig perplex mit extrem dümmlichem Gesichtsausdruck in der Mitte der zusammengebrochenen Wippe, beeilte mich dann aber doch, meinen obergenialen Hund, unter dem Kommando TAK mit sämtlichen verfügbaren Leckerchen voll zu stopfen. Das Training war sehr kurz. Ob es für surfin' Soa auch erfolgreich war, wird erst der heutige Trainingsabend zeigen.  

Am Nachmittag lernte Soa dann eine neue Lektion:
Beim Verlassen des Grundstücks, wie gewohnt hibbelig, ging sie Rio wieder mächtig auf den Sender. Diese blieb trotzdem cool und versuchte die Frechheiten so gut wie möglich zu ignorieren. Als sie aber ihr Spieli verfolgte und dabei von Soa von der Seite gerammt wurde, war das Maß endgültig voll. Sie nahm sich die Göre zur Brust und erklärte ihr auf Hundeart, kurz aber zackig, dass ein solches Verhalten wirklich nicht erwünscht ist. Dass Ingo mit seinem Ball weit genug vom Ort des Geschehens entfernt lag, war dabei von großem Vorteil. Er mischt sich bei solchen Auseinandersetzungen immer ein  ohne selbst einen Durchblick zu haben, was die Sache meist unnötig verkompliziert. Dieses Mal hatte Rio endlich die Gelegenheit, Soa ihren Standpunkt zu erklären und nun kann ich Spielis durch die Gegend werfen und die Hunde nach Belieben der Reihe nach los schicken, ohne dass dabei einer aus dem Fell gerammt wird. Seit dieser Lektion kann Soa "Platz und Bleib" obwohl ein Spieli durch die Luft fliegt und Rio oder Ingo hinterher *gg*. Sie rennt erst los wenn sie an der Reihe ist. Woll'n wir hoffen, dass es auch so bleibt.

An dieser Stelle muss ich nun doch mal ein Loblied auf unser Würstchen singen: Sky, du bist einfach ein Schatz!!! So cool, so brav, so folgsam, so absolut unproblematisch, immer gut gelaunt, für jeden Spaß zu haben und trotzdem so bescheiden, so zurückhaltend, so geduldig, so vollkommen unauffällig... kurzum DER perfekte Hund, ...der leider auch aufgrund all dieser Unauffälligkeiten viel zu oft ins Hintertreffen gerät. *Extrawürstchen ins arme, vernachlässigte Würstchen schieb*.
So, genug gelobt, ab jetzt... ins Körbchen!

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